02.04.17 // Jetzt auch in Berlin: Release otb #6 & Lesung "Der konkrete Mann - oder: Soll man Männer als Männer kritisieren?"
Szenisches Streitgespräch über das Alltagsleben als feministisches Kampffeld
Sonntag, 2.4.2017, 19.30, k-fetisch, Wildenbruchstr. 86, 12045 Berlin
Sonntagabend in einer großen Stadt. Kelly und Andra, zwei feministische Genossinnen, haben sich in ihrer Hauskneipe verabredet. Der Tresen ist von einer Gruppe männlicher Solitäre besetzt, der Ecktisch neben der Tür noch frei. Die beiden Genossinnen kommen schnell auf das Thema zu sprechen, an dem sie sich im Streit schon vielfach die Zähne ausgebissen haben: Soll man Männer als Männer kritisieren?
Dass das Private politisch sei, war eine Erkenntnis und eine Kampflosung der zweiten Frauenbewegung der 70er Jahre, insbesondere weil Frauen in der patriarchalen Welt weitgehend auf das Private beschränkt waren: auf Heim und Familie, Gebären und Kindererziehung, Emotionalität und mütterliche Vermittlerin-Rolle. Auf die notwendige Aufsprengung der gesellschaftlichen Handlungszone für Frauen und die aufs Ganze zielende Aufhebung der hierarchischen Trennung zwischen „öffentlich“ und „privat“ reagierten die Männer nicht selten mit hämisch-panischer Abwehr frei nach dem Motto „weibliche Utopien – männliche Verluste“. Andere Männer wiederum begriffen, dass die Emanzipation der Frauen auch sie von der Bürde ihres - auf Autorität und Aggression festgeschriebenen - Geschlechtscharakters befreien kann und schlossen sich der Frauenbewegung an.
Wie sieht es heute aus? Was haben die Errungenschaften der feministischen Bewegungen zum Positiven verändert, wo schnappen trotz - oder gar wegen - der teilweisen Geschlechterflexibilisierung alte patriachale Rollenmuster zu? Und vor allem: Wie sieht es damit bei uns aus, in einer Linken, die sich weitgehend als feministisch begreift?
Andra: Das patriarchale Geschlechterverhältnis ist weder überwunden noch schwebt es als unsichtbare Abstraktion über unseren Köpfen. Es geht durch uns durch!
Wie geht man damit um in einer historischen Situation, in der eine nennenswerte feministische Bewegung fehlt? Kann der Streit im Privaten mit dem Freund / dem Bruder / dem Mitbewohner ein politisch probates Mittel sein, um die eigenen gesellschaftlichen und psychischen Verwicklungen mit dem Geschlechterverhältnis bewusst zu machen und schrittweise zu überschreiten? Oder droht die vermeintliche Politisierung der Beziehungen in privatistischer Harmlosigkeit zu versacken, wie es etwa schon die feministische Zeitschrift Die Schwarze Botin (1976 - 1987) der Frauenbewegung vorwarf? Bringt jede Zeit ihre spezifischen, alltäglichen Geschlechterkonflikte hervor? Oder gibt es nach wie vor eine Marginalisierung weiblicher Erfahrung, weshalb jede Generation von FeministInnen sich an ähnlichen Konflikten abarbeitet? Kann uns das Wissen um feministische Kämpfe in der Geschichte die Vertracktheit unserer Situation in der Gegenwart verstehen helfen?
Ein Abend mit Kelly und Andra, einem Barkeeper, Freya Lombardi, der Schwarzen Botin, Freiheit aus einem Männermund, outside the box und viel Bier.